Elisa regte an, doch die im Osten gebräuchliche Zeitansage hier als Titel zu nehmen. Danke, ist ja völlig richtig!
Schräges Abendlicht
Hello world!
Was gibt es sonst?
Ostkreuz Guide ist ein Photoblog. In kurzen Abständen werden hier Photographien und gelegentlich Infos oder Geschichten rund um den herausragendsten aller Berliner S-Bahnhöfe veröffentlicht, der laut Auskunft aller, die es wissen müssen, nur noch aus Gewohnheit steht.
Seit Januar 2006 wird das Ostkreuz, dessen älteste Bestandteile aus dem 19. Jahrhundert stammen, sehr allmählich abgerissen. Es begann mit Baumfällungen um den Wasserturm und entlang der Nordkurve, ging weiter mit dem Abriß der Baracken am Eingang Sonntagstraße.
Ende August wurde die Nordkurve, die schon einige Zeit zuvor für immer gesperrt wurde, entgültig entgleist.
Und so wird es weiter gehen. Nichts wird bleiben, wie es war. Stück für Stück wird der Charme des Rosts, der marode Hauch der Geschichte, den jede Schraube dieses Bahnhofs umweht, demontiert und auf den großen Müllhaufen des Vergessens geworfen werden.
Am Ende wird ein weiterer stahlglasgrüner Konsumpalast mit Gleisanschluß hier stehen, gesichtslos aber praktisch, würdelos aber zweckmäßig und zertifiziert. Zwar wohl kaum für so lange Zeit wie die bisherige Version, aber in so langen Perioden denkt heute eh niemand mehr.
Das Photoblog Ostkreuz guide verschafft der Erinnerung an einen der magischen Orte im Universum schon im Vorhinein einen dauerhaften Platz.
Dies ist Grapf, wie er Bahnsteig A photographiert, gesehen und festgehalten von nickelartist.
S Warschauer Straße
Ist es nötig zu erwähnen, daß ich das über die Maßen schade finde? Seit ich diesen Bahnhof das erste Mal sah, im März 1998, mag ich ihn, fühle mich stets wie in einer ganz besonderen Welt, unten auf den düsteren Bahnsteigen, auf denen man noch den Geruch des alten Ostens zu finden meint – genauso wie oben, zwischen Obst- und Zigarettenladen vor dem Empfangsgebäude, und erst recht auf der Warschauer Brücke, einem Ort, der zu jeder Tages- und Jahreszeit belebt ist.
Höchste Zeit für eine letzte ausgiebige Foto-Session, um die Erinnerung an den alten Zustand zu bewahren.
Immer viel Betrieb
Karlshorst dann das warten auf die S-Bahn. Die S3-4-Wagen-Coladose kommt wie immer zu spät. Es gibt einen einzigen Zug auf der S3, der immer spät dran ist. Seltsam. Die Brandenburger Klassenkameraden winken noch ihrem RE1 hinterher, der den Zug überholt und den sie wegen eines erneuten Redeanfall eines Lehrers nicht mehr schaffen, als während der Vorbeifahrt an den grauen, schlecht verputzten Wartungshallen als nächster Bahnhof “BETRIBSBF. RUMMELSBURG” erscheint. Anscheinend fahren zu wenig Coladosen auf der S3, dass dies noch keinem aufgefallen ist. Auch die Mitreisenden blicken nur müde und gelangweilt aus dem Fenster auf die abgestellten Reisezüge. “Da muss mal wer gleich ‘ne Eingabe machen.” – “Ja, mach Du mal.” Drei Minuten später ist am Ostkreuz eh alles vergessen, wenn es irgendwo viel Betrieb gibt, dann hier. Die Menschenströme zwängen sich über die zu engen Treppen und die schmalen Bahnsteige, das Flair ist eine Gedankenwäsche zum Feierabend. Im Gedränge noch schnell verabschiedet, bevor man sich verliert, bevor es heimwärts weitergeht.
Werte Fahjäste, et dauat noch
Nachtrag: Heute beim Umsteigen, selber Bahnsteig, anderes Gleis. “Richtung Wartenberg, zurückbleiben bitte. Äääh, ‘tschuljung, Richtung Strausberg”. Am Ostkreuz gerät wohl einiges aus den Fugen. Da wundert’s nicht, dass auf allen Gleisen Kurzzüge angekündigt wurden.
Die Rückkehr des Toasters
Zum Glück ist nichts übles passiert, außer drei Leichtverletzten, einem dreckigen Bahnhof mit maroder Decke, zwei verkohlten Wagen und einem Chaos auf der Nord-Süd-Bahn ist dank des vorbildhaften Handelns der Triebfahrzeugführer und der Bahnhofsaufsicht, für die sie auch bereits geehrt wurden, sind zum Glück keine Toten zu beklagen. Interessanterweise stürzt sich aber die Tagespresse trotz des ausklingenden Sommerloches nicht wie zu erwarten wäre mit langen Berichten, Expertenmeinungen, Augenzeugenaussagen und großen Forderungen auf das Thema. Die recht kurzen Artikel verstecken sich zwischen den Berichten über die Unterspülung auf der Stadtautobahn und den vielen Feuilletonmeldungen. So kommt es auch nicht zu großen Forderungen, erst einmal alle Fahrzeuge der Baureihe aus dem Verkehr zu ziehen wie es die BVG nach dem zweiten Brand eines GII-Wagens tat, was ohnehin wenig Sinn machen würde, da es sich um verschiedene Ursachen handelte. Lediglich ein fehlender zweiter Ausgang auf dem Bahnhof wurde beklagt (neben dem einzigen stand wie vor einigen Jahren auf dem Bahnhof Deutsche Oper der brennende Wagen).
Ein interessanteres Thema jedoch ist das Gedankenspiel, was passiert wäre, wenn die Bahnsteige und vielleicht sogar die Züge unbesetzt gewesen wären. Laut der Feuerwehr wurde das mögliche Horrorszenario nur durch das besonnene Handeln der Fahrer und der Aufsicht verhindert. Aber was wäre, wenn es einen oder gar beide nicht gäbe?
Durch den Lauf Geschichte hat die S-Bahn ihre Abfertiger auf dem Bahnsteig bis heute beibehalten. Alle freuen sich und selbst die S-Bahn Berlin GmbH wirbt damit, nicht zuletzt wegen des unschätzbaren Services für die Fahrgäste, immer einen Ansprechpartner bei Fragen zu haben. Bis zum letzten Jahr wollte die S-Bahn daher ihre Aufsichten auch nicht streichen. Dank der Sparpläne des Senats ist dies leider nur noch ein Traum. Schweren Herzens zieht die S-Bahn die Rotkäppchen in wenigen Jahren von den Bahnhöfen ab. Zwar werden keine Stellen gestrichen, aber Arbeitsplätze gehen durch die fehlende Neubesetzung dennoch verloren. Der Brand hat aber einen weiteren Aspekt gezeigt. Unbesetzte Bahnhöfe gehen so lange gut, wie nichts passiert. Hätten die Aufsichten die Fahrgäste nicht ins Freie geleitet, wäre vielleicht mehr passiert. Ein Chaos mit einigen Toten oder zumindest schwer verletzten wäre bei unbesetzten Zügen jedoch ziemlich sicher gewesen. Sicher kann man viel Geld sparen, wenn man Automaten die Menschenarbeit überlässt, aber es sollte in den rein finanziellen Gedanken jedoch nicht vergessen werden, dass der Mensch auch den Vorteil besitzt, dass er auch in Notfällen handeln kann, wenn unsere Helfer versagen. In einem Vorfall wie auf dem Anhalter Bahnhof hätten SELTRAC, LZB 501 oder STAR nichts anderes getan als die Züge zum Stehen gebracht bzw. in den verqualmten Bahnhof einfahren lassen, da das System den Rauch nicht gesehen hätte und eine Notbremsung der Fahrgäste im Tunnel erst im nächsten Bahnhof zum Halt führt.
Solange Debatten um die Abschaffung von Personal nur aus Kostengründen gemacht werden, sollten die Verantwortlichen überlegen, wie es mit der Sicherheit steht, wenn etwas schief läuft. Bei Stellwerken mögen Rechner fehlerfreier als Menschen sein, aber es gibt eben auch Gebiete, wo dies im Notfall nicht so ist. Hoffentlich überlegen sich die Köpfe an den Sparhähnen noch einmal genau, ob es noch etwas anderes als Rationalität gibt und wie viel ihnen ein Menschenleben wert ist.
Frühling lässt sein blaues Band, wie einst Möricke bemerkte
Im Ernst: Alles blüht auf und sogar im Bahnfahreralltag ist dies zu merken. Die angestrengte Hektik setzt einmal kurz aus und es wird nicht sofort gemeckert, wenn der Anschluss doch weggefahren ist. Dafür wird man auch reichlich belohnt, wenn man z. B. auf der Wannseebahn an langen violetten Fliederhecken vorbeifährt und die Biotope neben den Gleisen in frischem Grün strahlen. Der Lebensraum Bahn erwacht wieder zu neuem Leben.
Alle Räder stehen still
Dass man bereits zweimal zuvor wegen Notarzteinsätzen ewig warten musste, damit haben die S-Bahner natürlich nichts am Hut, vor allem, wenn es sowieso in der U-Bahn war. Beim Umsteigen in Jungfernheide lauert aber die nächste Enttäuschung: Ein verwaister Bahnhof und die Information “Zugverkehr unterbrochen”. Ärgerlich. Aber lohnt sich Ärger hier?
Die S-Bahner arbeiten derzeit ohne Tarifvertrag. Durch die Kürzungen der Zuschüsse seitens des Senates, die an die englische Formulierung “reverse hijacking” erinnert, musste ein neuer Tarfifvertrag ausgehandelt werden. Wenn der zweite Versuch scheitert, kann man den Unmut verstehen. Andererseits hat auch die S-Bahn Berlin GmbH selbst das Spagat zu schaffen, mit weniger Geld den gleichen Betrieb aufrecht zu erhalten. Eine Arbeitszeitverkürzung ohne Lohnausgleich ist daher grundsätzlich auch verständlich.
Ob ein Schimpfen auf die Scheiß-S-Bahn also Sinn hat, sollte jeder selbst urteilen. Natürlich ist es ärgerlich, wenn man nicht vom Fleck kommt, aber so merkt man erst einmal, wie wichtig die S-Bahn für die Stadt ist. Eine ausgeglichene Lösung ist also mehr als wichtig. Oder soll es beim Streik bleiben?
Weitere Infos:
Der Tagesspiegel vom 23. 04. 2004
Pressemitteilung der S-Bahn Berlin GmbH vom 21. 04. 2004
Papestraße
Oder? Nein, stimmt so nicht ganz. Früher einmal war dort ein kleiner aber beeindruckender S-Bahnhof. Insofern es zwischen dem Ringbahnsteig und dem Bahnsteig für die Züge Richtung Potsdamer Platz bzw. Lichterfelde nicht nur den Treppenweg durchs Empfangsgebäude gab, sondern auch noch eine Fußgängerüberführung in luftiger Höhe über die unteren Gleise. Keine Ahnung, wann die abgebaut wurde. Meine Erinnerung daran ist nur vage, aber lebhaft ;-)
Seit Jahren wird der ehemals stilvolle und auf seine eigene Art charmante Bahnhof nun